Ergebnisse der Stunde der Wintervögel 2018

Kohlmeise (Foto: Reiner Jacobs)
Kohlmeise (Foto: Reiner Jacobs)

Entwarnung wegen der Meisen!

 Vom 5. bis zum 7.1.2018 waren die Oberberger aufgerufen, sich an der Zählung zur „Stunde der Wintervögel“ zu beteiligen – einer Mit-mach-Aktion des NABU, bei der die Vogel-Erfassung nicht von Vogelkundlern, sondern von vielen Normalbürgern erfolgt - „Citizen Science“ eben!

 Ziel dabei war die Bestandsentwicklung der Vögel in den Dörfern und Städten im Vergleich zu den Erfassungen der Vorjahre zu erfassen.

 Nun liegen die Ergebnisse für das Oberbergische vor:

 1. Meisen-Bestand wieder auf normalem Niveau

Bei der letzten Wintervogel-Zählung wurden viele Oberberger von der geringen Zahl der Meisen erschreckt und es gab einige Diskussionen, ob Katzen, Krähen oder Sperber dafür verantwortlich gemacht werden können. Alle Meisenarten, auch die sonst in Gärten allgegenwärtigen Kohl- und Blaumeisen, hatten damals deutliche Bestandseinbußen.

Blaumeise (Foto: Reiner Jacobs)
Blaumeise (Foto: Reiner Jacobs)

Doch die Ergebnisse der „Stunde der Wintervögel“ 2018 (SdW2018) zeigen: Der Meisen-Bestand hat sich im Januar 2018 völlig normalisiert: Entsprechend wurden auch die selteneren Meisen-Arten (Tannenmeise, Haubenmeise, Sumpf- und Weidenmeise, auch Kleiber und Schwanzmeise) wieder so oft gezählt, wie von 2012 bis 2016 gewohnt. Der geringe Meisen-Bestand Anfang 2017 war also ein einmaliges Ereignis!

Der NABU geht davon aus, dass Anfang Januar 2018 viele Meisen aus Nordeuropa ins Oberbergische gezogen sind, was ganz normal ist. Anfang 2017 ist dieser Zuzug aus kälteren Regionen wohl schlicht ausgeblieben.

Grünfinken an der Winterfütterung (Foto: Dietmar Hartmann)
Grünfinken an der Winterfütterung (Foto: Dietmar Hartmann)

2. Durchmischte Situation bei Finken

Auch Gimpel (Dompfaff), Stieglitz (Distelfink) und Kernbeißer wurden häufiger gezählt als bei der letzten SdW Anfang 2017; beim Kernbeißer scheint es bedeutenden Zuzug aus Nordeuropa gegeben zu haben.

Bedenklich ist allerdings die Bestandsent-wicklung beim Grünfink: Seit 2012 werden bei der SdW ständig weniger Grünfinken gezählt und 2018 bringt nur eine leichte Erholung. Liegt der stetige Grünfinken-Rückgang an der Trichomonas-Vogel-seuche, die Grünfinken häufig befällt oder an den vielerorts sterilen Gärten mit wenig Wildkraut-Samen? Diese Frage bleibt spannend – nicht zuletzt, weil die Daten der jeweils im Mai stattfindenden „Stunde der Gartenvögel“ für das Oberbergische eine andere Bestandsentwicklung zeigen.

Ein Star im Prachtkleid (Foto: Klaus Mühlmann)
Ein Star im Prachtkleid (Foto: Klaus Mühlmann)

3. Zuwächse beim Star, dem Vogel des Jahres 2018

Seit 2012 – dem Beginn der SdW im Oberbergischen - werden tendenziell immer mehr Stare gezählt. So auch im Vergleich zwischen Anfang 2017 und Anfang 2018: 21 % mehr Stare stellten die Oberberger fest! Das widerspricht aber allen Erfahrungen zur Bestandsentwicklung des Stars, denn der Brutbestand der Stare sinkt seit Jahren – auch im Oberbergischen.

Wie kann man also die Steigerungen des Staren-Winterbestands erklären, den die „Stunde der Wintervögel“ feststellt?

Offenbar bleiben die Oberbergischen Stare im Winter hier, statt – wie früher – ins Rheintal oder in noch wärmere Gefilde zu ziehen. Der Klimawandel scheint es möglich zu machen: Denn wer auch im Winter in der Nähe des Brutplatzes bleibt, hat bessere Chancen, um früh – sobald der Frühling kommt – mit der Balz zu beginnen und einen der seltenen Nistplätze zu besetzen. Offenbar wissen das auch die Stare!

4. Überwinterungs-Versuche wegen milder Witterung Anfang Januar 2018

31 Hausrotschwänze und 14 Bachstelzen wurden beobachteten. Und auch die 5 gesichteten Rotmilane überraschen. Alle drei Arten würden im Winter eigentlich aus dem Oberbergischen nach Westen ziehen in Richtung Frankreich und Spanien. Dass diese Vögel offenbar – in geringer Anzahl – eine Überwinterung im Oberbergischen versucht haben, ist ein Hinweis mehr auf den Klimawandel!

Vor dem Schnee- und Frost-Einbruch im Februar dürften diese Vögel aber inzwischen in wärmere Gefilde geflüchtet sein.

Silberreiher (Foto: Frank Derer)
Silberreiher (Foto: Frank Derer)

5. Seltenheiten – mal glaubhaft – mal nicht!

Auch bei der diesjährigen Winter-Vogelzählung wurden wieder einige Seltenheiten entdeckt:

z.B. ein Uhu – sicher kein üblicher Vogel an den Zählstellen, aber durchaus glaubhaft. Inzwischen brütet der „König der Nacht“ auch im Oberbergischen an etlichen Stellen.

Auch die 4 Silberreiher, die aufmerksame Vogel-Zähler beobachtet haben, sind glaubhaft. Überall im Kreisgebiet tauchen inzwischen Silberreiher als Gastvögel auf. Ihre Brutstätten haben sie insbesondere in den Niederlanden und von dort kommen mehr und mehr Jungvögel auch bis ins Oberbergische.

Ebenso die 2 Gänsesäger hält der NABU für glaubhaft. Die Enten-Vögel kommen aus nördlichen Gefilden ins Oberbergische und rasten im Winter an Agger, Wiehl und Bröl. Dort können sie durchaus auch aus Gärten beobachtet worden sein. In Nordrhein-Westfalen gibt es auch bereits Brut-Nachweise für den Gänsesäger – vielleicht auch bald aus dem Oberbergischen?

Den 9 Nebelkrähen traut der NABU hingegen nicht: Dohlen oder Elstern kommen als „Verwechsler“ in Betracht. Auch die 3 Girlitze dürften auf Verwechslungen mit Grünfinken oder Erlenzeisigen beruhen.

 6. Rekord-Beteiligung

Im Oberbergischer Kreis wurden bereits jetzt (und die Daten-Auswertung ist noch nicht abgeschlossen) in 515 Gärten 21.873 Vögel durch 723 Vogelfreunde gezählt. Wenn alle „Nachzügler-Daten“ vorliegen, rechnen wir mit um die 800 Teilnehmern aus dem Oberbergischen. Das ist ein Rekord-Ergebnis, das den NABU Oberberg sehr freut. Jahr für Jahr nehmen mehr Oberberger an der Wintervogel-Zählung teil, und das verbessert die Ergebnisse und ihre Auswertung sichtlich!

Für die starke Beteiligung dankt der NABU allen Zählern herzlich!  

 

Stieglitz oder Distelfink (Foto: Peter Kühn)
Stieglitz oder Distelfink (Foto: Peter Kühn)

Fazit: Die diesjährige Stunde der Wintervögel hat einiges geklärt (z.B. dass weder Katzen, noch Krähen und Sperber die Meisen-Bestände gefährden). Die Ergebnisse, die von Normalbürgern erhoben wurden, werfen aber auch neue Fragen auf: z.B. wie der Bestandsverlust der Grünfinken im Winter erklärt werden kann.

Dass eine Zählung der Vögel durch Nicht-Fachleute so interessante Lösungen, aber auch Fragen liefert, dass hätten die meisten Vogelkundler nicht erwartet.

Die „Stunde der Wintervögel“ hat sich inzwischen als wertvolle Datenbasis im Vogelschutz etabliert! Der NABU Oberberg dankt allen Teilnehmern für die Arbeit und die Ergebnisse. Für die Arbeit im Vogelschutz werden diese Ergebnisse immer wichtiger!